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Interview with Stefan and LocationInsider about Digital & physical Retail


HANDEL IM WANDEL: STEFAN WENZEL VON TOM TAILOR.

von Kay Ulrike Treiß am 02.Oktober 2019


„Die Kunst ist, viel zu testen, schnell aus Ergebnissen und Fehlern zu lernen und den Kurs anzupassen“, sagt Stefan Wenzel, Global Vice President Digital von Tom Tailor. Das Unternehmen aus Hamburg hat den Online-Profi Anfang 2018 zur Stärkung des eigenen E-Commerce- und Omnichannel-Geschäfts geholt. Wenzel kommt von Ebay, wo er als Geschäftsführer von Brands4friends und Ebay Fashion zuletzt als Deutschland-Geschäftsführer tätig war. Zuvor war der 46-Jährige u.a. Managing Director von Otto in den Niederlanden und baute den E-Commerce des Formel-1-Teams und Sportwagenherstellers McLaren auf. In unserem Fragebogen verrät Wenzel die „Killer-Applikation gegenüber den Onlinern“ und was „ohne enorme Leidenschaft sicher nicht geht“.


Location Insider: Wie würden Sie die momentane Situation des Handels in einem Satz beschreiben?

Stefan Wenzel: Fehlender Einfallsreichtum auf allen Kanälen… Online wird jede Plattform und Offline wäre gerne Online.


Location Insider: Welcher Tag der vergangenen Woche war der Beste aus Händlerperspektive und warum?

Stefan Wenzel: Die vergangene Woche war insgesamt erfreulich, da wir unsere digitalen Türen unter www.tom-tailor.ch jetzt auch in der Schweiz geöffnet haben.


Location Insider: Worüber haben Sie sich zuletzt besonders beim Einkaufen gefreut?

Stefan Wenzel: Am meisten freut mich Freundlichkeit und zuvorkommender Service. Der Handel versteht das immer noch nicht als Killer-Applikation gegenüber den Onlinern und baut stattdessen Tablets und Screens in die Läden, eine fatale Fehleinschätzung. Ein chinesisches Sprichwort sagt: Wenn du nicht lächeln kannst, eröffne keinen Laden.


Location Insider: Und worüber haben Sie sich geärgert?

Stefan Wenzel: Schlechte Service-Erlebnisse überwiegen eigentlich beim Einkauf. Das Schlimme ist, man hat sich daran gewöhnt.


Location Insider: Mit wem wollen Sie nie an der Kasse stehen, wenn Sie Unterwäsche kaufen? Oder kaufen Sie diese deshalb nur online?

Stefan Wenzel: Ich wäre da nicht sonderlich schüchtern, kaufe aber tatsächlich fast alles online.


Location Insider: Tante Emma oder Supermarkt?

Stefan Wenzel: Tante Emma für die netten Dinge, Versorgungsartikel über den Online-Lieferdienst.


Location Insider: Welche Technologie (z.B. Chatbots, Sprachassistenten, Virtual Reality, Internet der Dinge) optimiert aus Ihrer Sicht das Einkaufserlebnis für Kunden?

Stefan Wenzel: Personalisierungs- und Suchtechnologien reduzieren Irrelevanz, das hat hohen Nutzwert. Eingabeformen wie Sprache, Bild oder Text sind dabei keine isolierten Gimmicks, sondern ergeben sich daraus und skalieren mit dem Nutzungs-Kontext. Mobil wird weiter alles dominieren und exponentiell besser werdende Sprachassistenten werden als permanenter Begleiter völlig normal sein.


Location Insider: Verraten Sie uns Ihr Vorbild im Handel und warum der/die alles richtig macht?

Stefan Wenzel: Niemand macht alles richtig und das wäre auch ein lähmendes Motiv. Die Kunst ist vielmehr, viel zu testen, schnell aus Ergebnissen und Fehlern zu lernen und den Kurs anzupassen. Tencent ist ein beeindruckendes Beispiel für die Kurskorrektur von einem Messenger-Anbieter zur mobilen Plattform für wortwörtlich alles, inkl. Handel.


Location Insider: Ist Ihr Job für Sie Beruf oder Berufung?

Stefan Wenzel: Berufung ist der falsche Begriff bei rein kommerziellen Rollen, Leidenschaft ist aber eine essentielle Triebfeder für Erfolg. Ich gestalte mittlerweile seit mehr als 20 Jahren Wachstum im Online-Handel, das geht ohne enorme Leidenschaft sicher nicht.


Location Insider: Welche Schlagzeile wollen Sie auf keinen Fall über sich im „Handelsblatt“ lesen?

Stefan Wenzel: Wenzel hat das Internet gelöscht.


Location Insider: Nehmen wir an, Sie hätten einen Wunsch frei: Wie sähe der Handel in fünf Jahren aus, wenn Sie es sich aussuchen könnten?

Stefan Wenzel: Gelänge es, wirklich begeisternde Einkaufserlebnisse zu kreieren – nicht in Firmen-Powerpoints und Agentur-Pitches, sondern wahrhaftig am POS. Solche, von denen Kundinnen wirklich ihren Freudinnen erzählen – nicht in der NPS-Erfassung, sondern wahrhaftig. Dann könnte sich der Handel endlich wieder selbstbewusst und optimistisch zeigen. Offline, Online, Multi-, Omnichannel oder sonst wie.


Location Insider: Vielen Dank für die spannenden Antworten!

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