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Artikel als Gast-Autor zum Thema Impuls & Kuration vs. Endlos-Auswahl

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Warendruck erzeugt Umsatz?

Das Reiz-Reak­ti­ons- Modell in der Psy­cho­lo­gie sieht nahe­zu linea­re Ver­bin­dun­gen zwi­schen wahr­ge­nom­me­nen Rei­zen und Ver­hal­ten. Anders gesagt, für einen Ham­mer sieht alles wie ein Nagel aus. Das ist zunächst kein Pro­blem, beschränkt den Ham­mer aber erheb­lich in sei­ner Wir­kungs­brei­te. Was das mit Han­del zu tun hat?


Was dem Ham­mer sein Nagel, ist dem Han­del sei­ne Sor­ti­ments­grö­ße. Han­del ist his­to­risch Dis­tri­bu­ti­on und Trans­ak­ti­on. Kun­de braucht was, Kun­de sucht was, Han­del ver­kauft das. So geht das. Schon immer. Und klar, viel Aus­wahl hilft viel, damit man vie­le Suchen bedie­nen kann. Waren­druck erzeugt schließ­lich Umsatz, zumin­dest wenn man den Kalen­der­sprü­chen aus dem alten Ein­kauf glaubt. Und der Job des Ver­triebs ist die ein­ge­kauf­te Ware in den Markt zu drü­cken, feh­len­de Nach­fra­ge oder Rele­vanz wird mit Rabat­ten kom­pen­siert. Was weg muss, muss weg.


Als Platt­for­men dann mit dem Viel­fa­chen an Ange­bots­brei­te und gleich­zei­tig ohne Bestands­ri­si­ko zur Erfolgs­ge­schich­te im E‑Commerce wur­den, war die Frus­tra­ti­on im Han­del groß. Nach ein paar Jah­ren des Flö­tens im Wal­de als Reak­ti­on setz­te dann der natür­li­che Reflex vie­ler Händ­ler ein, in die­se Inven­tar-Auf­rüs­tung mit ein­zu­stei­gen. Und weil man die Kap­tal­bin­dung ver­ständ­li­cher­wei­se scheut, wer­den vie­le Händ­ler eben­falls zu Markt­plät­zen. Von ihrem Selbst­ver­ständ­nis als Com­pa­ny blei­ben vie­le trotz­dem noch auf der Suche nach dem nächs­ten Nagel. Die Kunst ist aber, den Ham­mer bei­sei­te­zu­le­gen und nicht wei­ter nach Nägeln zu suchen.


Je nach Seg­ment schafft es ein Online-Händ­ler im Jahr auf vier bis fünf Trans­ak­tio­nen. Dafür betreibt er an 365 Tagen ein Sor­ti­ments­mar­ke­ting-Pro­gramm mit zum Teil meh­re­ren Ver­kaufs-Bot­schaf­ten pro Tag. Das ist eine der Erklä­run­gen für die teil­wei­se hohe Inef­fi­zi­enz im Mar­ke­ting. Irrele­van­tes Lär­men und Hard-Sell sor­gen zudem für eine stei­gen­de Sen­der-Aver­si­on bei den Kund:innen.

Das Internet hat sich parallel vom Ort für die Suche nach dem besten Preis zum Ort für die Suche nach der besten Lösung entwickelt. Kund:innen suchen nach Lösungen für „jobs-to-be-done“ in ihrem Leben, nicht nach Produkten.

Platt­for­men und vie­le Händ­ler­sei­ten ste­hen im Wett­be­werb um Aus­wahl, prä­sen­tiert in Form von end­lo­sen, vir­tu­el­len Arti­kel­lis­ten. User müs­sen über Such­be­grif­fe und gekonn­tes Fil­tern einen Tref­fer aus einem Oze­an von unzäh­li­gen ähn­li­chen Pro­duk­ten fischen. Dabei ist alles stan­dar­di­siert, tem­pla­te-isiert, auf Con­ver­si­on opti­miert und den­noch oft ein wenig erquick­li­ches Effi­zi­enz-Erleb­nis. Pro­blem­lö­sung oder Inspi­ra­ti­on? Wei­test­ge­hend Fehl­an­zei­ge.


Das Netz hat sich par­al­lel vom Ort für die Suche nach dem bes­ten Preis zum Ort für die Suche nach der bes­ten Lösung ent­wi­ckelt. Kund:innen suchen nach Lösun­gen für „jobs-to-be-done“ in ihrem Leben, nicht nach Pro­duk­ten. Sie wol­len kein Hemd kau­fen, son­dern im Mee­ting gut aus­se­hen. Kund:innen wol­len kei­ne Kopf­hö­rer kau­fen, son­dern Musik genie­ßen und ent­span­nen. Kund:innen wol­len kein Weara­ble kau­fen, son­dern gut schla­fen und gesund sein. Wem es gelingt, Lösun­gen anzu­bie­ten und Men­schen hilft, ihre „jobs to be done“ zu erle­di­gen, kann jen­seits der gro­ßen Platt­for­men Erfolg haben.


Die App des ‚Nike Run Club‘ benutzt man jeden Tag beim Sport, die Nike Shop­ping-App nur weni­ge Male im Monat. Der Unter­schied ist offen­sicht­lich. Die eine App ist eine Pro­dukt-Ram­pe für Nach­schub-Situa­tio­nen, die ande­re Teil eines „jobs-to-be-done“, näm­lich durch Bewe­gung gesund zu blei­ben. Damit bewegt man sich raus aus einem Arti­kel-Con­ver­si­on-Rate-Denk­mus­ter und betritt die Ebe­ne der Lebens­rea­li­tät der Kund:innen mit hoher Emp­fäng­lich­keit für Impul­se. Wäh­rend wahr­schein­lich 80% der Han­dels­um­sät­ze Nach­schub-Käu­fe sind, sind die ver­blei­ben­den 20% Impuls-Käu­fe des­halb über­pro­por­tio­nal span­nend, weil sie jen­seits des Preis- und Ver­füg­bar­keits­wett­be­werbs und vor allem auf der Suche nach Lösun­gen für „jobs-to-be-done“ statt­fin­den.


Nach­schub-Käu­fe sind Trans­ak­tio­nen mit zum Teil denk­bar gerin­gem Invol­ve­ment und damit pri­mär ein Wett­be­werb um Preis und Ver­füg­bar­keit. Maxi­ma­le Effi­zi­enz, Dis­tri­bu­ti­on, Sicht­bar­keit und opti­ma­les Pri­cing sind die Hebel in die­sem Ren­nen um klei­ne Mar­gen bei hohen Volu­mi­na. Der Spi­rit vie­ler Händ­ler und Her­stel­ler und deren Go-to-Mar­ket kommt aus so einer Nach­schub-DNA.


Men­schen täti­gen hin­ge­gen auch Impuls-Käu­fe, weil die­se den begehr­ten Boten­stoff Dopa­min im Glücks­zen­trum des Gehirns trig­gern. Das Ren­nen um höhe­re Mar­gen bei gerin­ge­ren Volu­mi­na hat aber denk­bar ande­re Hebel als das Nach­schub-Busi­ness. Es geht um Bedeu­tung und Beloh­nung, um Begehr­lich­keit bei begrenz­ter Ver­füg­bar­keit, um Insze­nie­rung, Authen­ti­zi­tät und Kre­di­bi­li­tät. Con­tent Creators und ihre digi­tal nati­ven Brands, Snea­ker- und urba­ne Life­style-Brands, aber auch Luxus-Mar­ken zei­gen, wie in zum Teil beacht­lich gro­ßen Nischen über völ­lig ande­re Ansät­ze beein­dru­cken­de Kun­den­be­zie­hungs­qua­li­tä­ten und Deckungs­bei­trä­ge gene­riert wer­den.


Aber das setzt Umden­ken vor­aus. Ohne Ham­mer.


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Hier erschienen: https://profashionals.de/experten/warendruck-erzeugt-umsatz/

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